Scheidungsverfahren

Trotz der Flut von Informationen zum Thema Scheidung stelle ich immer wieder fest, dass der „rote Faden“ fehlt. In groben Zügen sieht das Scheidungsverfahren folgendermaßen aus:

1. Zustellung des Scheidungsantrags

Das Scheidungsverfahren beginnt nicht automatisch mit Ablauf des Trennungsjahres. Ein Ehegatte muss über seinen Rechtsanwalt einen Scheidungsantrag beim Familiengericht stellen („Antragsteller“). Der andere Ehegatte („Antragsgegner“) bekommt diesen Scheidungsantrag vom Familiengericht zugestellt. Er findet einen gelben Briefumschlag im Briefkasten, auf dem rechts oben das wichtige Datum der Zustellung des Scheidungsantrags vermerkt ist. Dieses Datum ist für die Berechnung des Zugewinnausgleichs maßgeblich und auch wichtig für die Berechnung des Versorgungsausgleichs.

2. Reaktion auf den Scheidungsantrag

Der Antragsgegner bekommt vom Gericht eine Frist gesetzt, um auf den Antrag zu antworten. Spätestens jetzt sollte man sich über eine anwaltliche Erstberatung einholen. Klären Sie dabei ab, ob Sie überhaupt eine anwaltliche Vertretung im Scheidungsverfahren benötigen. Ist bei einer einvernehmlichen Scheidung bereits im Vorfeld alles durch eine (formbedürftige) Scheidungsvereinbarung abschließend geregelt, muss für die Zustimmung zur Scheidung vom Antragsgegner nicht unbedingt auch ein  Anwalt beauftragt werden.

3. Fragebögen zum Versorgungsausgleich

Beide Ehegatten bekommen vom Gericht bzw. über die Anwälte die Fragebögen zum Versorgungsausgleich zugeschickt. Diese sind sorgfältig auszufüllen und zurückzuschicken. Nun dauert es ca. 3 Monate bis diese Angaben von den jeweiligen Rentenversicherungsträger ausgewertet sind. Sie erhalten dann die Mitteilung in welcher Höhe während der Ehezeit (Beginn des Monats, in dem Sie geheiratet haben bis Ende des Monats, vor der Zustellung des Scheidungsantrags). Die während dieser Zeit erworbenen Rentenanwartschaften werden bei der Scheidung jeweils hälftig geteilt.

4. Streitigkeiten während Scheidungsverfahren

Während das Scheidungsverfahren läuft, d. h. ab Scheidungsantrag bis zur Scheidung können - müssen aber nicht - Streitigkeiten über Unterhalt, Zugewinnausgleich, Kinder usw. vor Gericht geklärt werden. Wenn der Anwalt Anträge zu diesen sogenannten Folgesachen spätestens zwei Wochen vor dem Scheidungstermin bei Gericht eingereicht hat, dann müssen sie vor der Scheidung geklärt werden. Sobald während des Scheidungsverfahrens weitere Streitigkeiten gerichtlich geklärt werden müssen, benötigt jeder Ehegatte einen Anwalt.

5. Der Scheidungstermin

Sobald alles spruchreif ist, gibt es einen Gerichtstermin für die Scheidung. Der Termin dauert meist nur  etwa 15 – 20  Minuten. In diesem Termin sind beide Eheleute mit ihren Anwälten (oder einer mit, der andere ohne Anwalt) anwesend. Die Eheleute werden vom Richter befragt nach

  • Heiratsdatum
  • Trennungsdatum
  • ob Sie die Ehe für gescheitert halten und die Ehe wirklich nicht mehr fortsetzen wollen
  • ob es bei der gemeinsamen elterlichen Sorge bleiben soll und der Umgang mit den Kindern funktioniert

Danach wird der Versorgungsausgleich besprochen und der Richter erklärt wie dieser im Einzelfall durchgeführt wird. 

Wenn nach der Anhörung der Eheleute die Scheidungsvoraussetzungen (mindestens 1 Jahr Trennung und Ehe endgültig zerrüttet) vorliegen, spricht der Richter die Scheidung aus.

Es dauert dann noch etwa 4 - 6 Wochen bis der Beschluss rechtskräftig wird.

Sind zwei Anwälte beteiligt, kann der Scheidungsbeschluss durch einen Rechtsmittelverzicht auch sofort rechtsgültig gemacht werden.

6. Dauer des Scheidungsverfahrens

Ein Scheidungsverfahren kann schnell abgeschlossen sein (Dauer ab Einreichung der Scheidung ca. 3 Monate) oder sehr lange dauern. Die Dauer hängt damit zusammen, 

  • ob die verschiedenen Rentenversicherungen ihre Auskünfte schnell dem Gericht mitteilen und beide Ehegatten die Fragen der Versicherungsträger zügig beantworten.
  • Ob Zugewinnausgleich, Unterhalt usw. („Folgesachen“) vom Gericht entschieden werden müssen. Gerade dies kann zur langen Verfahrensdauer führen.

Ob es sinnvoller ist, die Scheidung schnell durchzuführen oder alle „Folgesachen“ im Scheidungsverfahren entscheiden zu lassen, kann Ihnen Ihr Anwalt unter Berücksichtigung Ihrer speziellen individuellen Situation beantworten.